Fab startete ursprünglich als soziales Netzwerk für Schwule. Vor etwa
zwei Jahren richtete man sich dann jedoch neu aus.
Heute werden über die
Website zahlreiche Produkte verkauft darunter Möbel, Schmuck und
Haustierzubehör.
Waren im vergangenen Juli noch fünf Millionen Kunden registriert „†sind es aktuell zwölf Millionen.
Die Begrüßung beginnt mit einer Beleidigung. „Fuck Off Bookingstress” steht auf dem Kärtchen, das Marcus Rüssel mit seiner Visitenkarten verteilt. Rüssel ist Gründer und Geschäftsführer von gigmit, einem Start-up, das „Booking Delight” für Veranstalter und Clubs verspricht. Und die Ansage ist eine klare, die auch die Motivation hinter gigmit auf den Punkt bringt: Wenn Liveauftritte mittlerweile das Einzige sind, woran Musiker heute noch mitverdienen, dann müssen die Buchungsmechanismen für alle Beteiligten einfacher funktionieren als bisher.
Die Idee zu gigmit hatte Rüssel letzten Sommer. Als Booker, Künstlerberater (u.a. Clueso), Konzert- und Partyveranstalter arbeitete der 27-jährige Dresdner neben seinem Kulturmanagement-Studium schon länger, aber als ihn Freunde baten, ihnen für ein Festival in Thüringen innerhalb von einem Tag Ersatz für einen abgesprungenen Headliner zu organisieren, stieß er an seine Grenzen. Erst nach 125 Anrufen konnte er eine passende Band auftreiben. Danach führte er viele Gespräche, wie man diesen Prozess nachhaltig optimieren könnte. Gute und spielwillige Bands gibt es schließlich genug, suchende Veranstalter auch, man muss sie bloß an einen Tisch bringen.
Das Ergebnis heißt gigmit, versteht sich als transparenter Marktplatz für Musikbooking im Netz und geht im September online. Es funktioniert im Grunde wie MySpace für Geschäftstreibende und hat von der Statik und Unübersichtlichkeit von Konkurrenten wie Sonicbids.com gelernt: Bands legen standardisierte Profilseiten an, die ihre anderen Social-Media-Auftritte in einem geschützten Bereich sammeln und auf denen sie außer Fotos, Musikrichtung und Hörproben zum Beispiel angeben, zu welcher ungefähren Gage sie auftreten. Veranstalter dagegen finden Vorschläge und Suchergebnisse, und für jeden zustande gekommenen Vertrag verdient gigmit acht Prozent Vermittlungsprovision und kümmert sich fortlaufend um Hosting und Verwaltung und anderen Papierkram. „Wir übernehmen Management-Prozesse, an denen ohnehin nie einer Spaß hatte”, erklärt Rüssel und betont, dass man den Booking-Agenten und dessen Feinarbeit nicht ersetzen wolle: „Kleine Bands sparen durch uns lediglich Mitarbeiter, die sie eh nicht haben.”
In einem Hinterhof an der Warschauer Straße arbeiten derzeit eine Handvoll Mitarbeiter und freie Programmierer an gigmit und befinden sich dort in bester Gesellschaft: Nebenan befindet sich die noisy Musicworld, in deren Proberaum- und StudioÂkomplex im September auch die Konferenz all2gethernow im Rahmen der Berlin Music Week (zitty.de/musikweek) stattfindet. Ein paar Meter weiter, in der Capitol Yard Golf ÂLounge an der Stralauer Allee, wird auch Marcus Rüssel sprechen. Sein Thema: „Booking und Management von morgen – Wie das Netz die Livemusik verändert.”
Sie sind weibliche Nerds. Lieben Pixel und Bytes. Flache Hierarchien und die Möglichkeit, etwas zu bewegen. Wenn sie nicht vor dem Rechner sitzen, haben sie das Smartphone dabei. Auch wenn sie Deutsch sprechen, versteht man sie kaum wegen der vielen englischen Fachbegriffe. Sie arbeiten rund um die Uhr und auch am Wochenende. Berlins Startup-Gründerinnen mischen ganz vorne mit, wenn die Stadt zum neuen Silicon Valley wird.
Kerstin Knebel hat schon als Kind lieber mit dem Lego ihres Bruders gespielt. Sie ist eine der wenigen Frauen, die Programmcodes nicht nur lesen, sondern auch schreiben können. „Ich habe in fünf Firmen gearbeitet und erst eine Entwicklerkollegin gehabt”, sagt sie. Dabei bieten die neuen Medien durch den extrem günstigen Markteintritt ungeahnte Möglichkeiten für IT-Freaks. Dort gibt es jetzt noch Möglichkeiten, sich gut zu positionieren. Und Top-Verdienstchancen.
Hollywoodstar Ashton Kutcher und unzählige Investoren pumpen Millionen Euro Risikokapital in Berliner Internet-Startups. Unternehmen wie die Shopping-Plattform Casacanda, gerade erst im Juli 2011 von drei jungen Männern gegründet, werden für Millionen an US-Konkurrenten verkauft.
Julia Soergel will mit dem Hype nichts zu tun haben. Sie will keine Millionen, sondern am liebsten den Rest ihres Lebens in dem Internet-Startup Mite verbringen, das sie gemeinsam mit einem Kollegen aufgebaut hat. Soergel steht für eine Generation von Gründerinnen, die anders ticken als die männlichen Platzhirsche.
Wenn junge Männer von ihren Internetfirmen erzählen, landet das Gespräch schnell beim Thema Finanzen. Sie wollen immer neue Finanzierungsrunden und dann den Verkauf – den großen Coup. Sie gehen ins Risiko, leben lange von nichts, machen möglichst viel Wind um ihre Idee und bekommen dafür die großen Investments.
„Frauen plustern sich nicht so auf”, sagt Julia Soergel. „Sie gründen nachhaltiger, produzieren keine Blasen, sondern Werte.” Hochgelobte Männer-Startups wie Eyeem oder Readmill leben von der Hoffnung der Investoren, dass sich eine gute Idee irgendwann zu Geld machen lässt. Hop oder Top – sie wird zum nächsten Facebook oder zum Millionengrab. Das Zeitmanagement-Tool Mite von Julia Soergel oder die Web-TV-Software imuse.tv, auch von einer Frau mitgegründet, haben hingegen funktionierende kleine Unternehmen entstehen lassen. Hier gibt es keine medienträchtigen Risikokapitalspritzen und keine Pizzaschachteln, dafür den Versuch, die Zahl der Arbeitsstunden nicht gesundheitsgefährdend werden zu lassen und sich langfristig eine Zukunft zu sichern.
Die Frauen haben aufgeholt im Netz. 80 Prozent sind Mitglied einer Online-Community, aber nur 75 Prozent der Männer, so der Branchenverband Bitkom. Bereits 18,4 Prozent der Informatik-Studierenden seien weiblich, seit 2006 nehme der Anteil der Studienanfängerinnen kontinuierlich zu. In den Startups sind Frauen mit zehn Prozent vertreten, Tendenz steigend, so schätzen Szenekenner.
Immer mehr Frauen engagieren sich in Internet-Startups in Berlin. Sie finden sich vor allem in Positionen, in denen es um Kommunikation, Marketing, Kundenbindung geht. Den Programmcode schreiben meist Männer. Natürlich: Man muss keine Programmiererin sein, um ein Startup zu gründen oder darin einzusteigen. Der Schlüssel zum Erfolg ist nicht der Code, sondern das Geschäftsmodell, das dahinter steht. Aber die fehlende Begeisterung der Frauen für die technische Gestaltung des Internets von morgen ist doch offensichtlich.
Anke Domscheit-Berg hat für die Unternehmensberatung McKinsey zum Thema Rollenbilder geforscht. Sie sagt: „Das fängt schon in der Spielzeugabteilung an. Links rosa Pferdchen, rechts Monster mit Mechanik und fernsteuerbare Autos. Die Frauen kriegen eingeimpft, Technik ist ein Männerding, ihr seid eher so für Pflege und dieses ganze Dienstleistungsthema zuständig.”
Im Internet gibt man sich fortschrittlich, aber diskriminiert wird nach wie vor. Auf der Webseite Hatr.org gibt es eine ganze Sammlung von frauenfeindlichen Kommentaren aus dem Netz. „So eine Kultur hält Frauen auch ab”, sagt Domscheit-Berg. Wenn man sich in einem Männerumfeld als einzige Frau bewege, müsse man oft erst einmal beweisen, dass man etwas kann. „Und da steigt natürlich die Angst, zu versagen, wenn alle so genau hingucken.”
In dieser Branche muss man als Frau ziemlich selbstbewusst sein. Für die Programmiererin Kerstin Knebel kein Problem. Sie sagt: „Das funktioniert ganz einfach: Wer mir mit einem dummen Spruch kommt, der kriegt auch einen zurück.”
Wenn man in einem fremden Kiez unterwegs ist und unbedingt Bier für die Party braucht oder einen Snack, Kondome, Zigaretten. Statt auf der Suche nach dem nächsten Spätkauf herumzuirren, können iPhone-Nutzer jetzt in der „Durst App” nachschauen. Rund 500 Spätkäufe sind auf einer interaktiven Berlinkarte verzeichnet, jeder Nutzer kann weitere ergänzen.
Ape Unit nennen sich die Macher, die Agentur wurde 2010 von drei Berlinern gegründet. „Wir sind im Kiez um den Chamissoplatz aufgewachsen”, erzählt Alexandre Peschel, 26, einer der drei Gründer. „Paul kenne ich aus dem Kinderladen, Emil seit der Grundschule.” Ihr Büro haben die Jungs in Charlottenburg. „Klar, in Mitte trifft man wahnsinnig coole Leute und alle machen tolle Sachen. Aber wir brauchen diesen Trubel nicht, wir spinnen selbst ständig neue Ideen.”
„Beim Programmieren der Durst App haben Peschel und seine Freunde sich selbst als Zielgruppe im Sinn gehabt. Akribisch recherchierten die drei, unterstützt von Freunden, und markierten Spätkäufe mit ihren Smartphones auf einer Karte. Schnell zeichneten sich die Nach-Hause-Routen ab, manche Kieze hingegen blieben leer. „Der zehnte Laden in der Wiener Straße ist dann nicht mehr so sinnvoll”, sagt Peschel, „Die Grundversorgung muss erst mal stehen.” Also schnappte sich jeder einen Kartenausschnitt, den er systematisch durchforstete.
Mit Freunden eine Firma zu gründen, habe Vor- und Nachteile, sagt Peschel nach fast zwei gemeinsamen Jahren. Man wisse, woran man sei, wie der andere ticke. „Aber wenn ich nach einem stressigen Tag einfach ein Bier trinken will, und dann doch wieder mit meinen Kollegen in der Kneipe sitze, ist das komisch”, sagt er.
Für die Zukunft wollen die Jungs noch mehr Ideen an den Start bringen. So wie die Durst App oder „Die Einsprecher”, eine Plattform, über die man mit wenigen Klicks ein professionelles Voice-Over für sein Video bekommt. „Wenn wir einen Partner hinzuholen oder ein Produkt vielleicht sogar verkaufen wollen, geht das natürlich besser, je erfolgreicher es läuft”, sagt Peschel. Einen Kunden für die Durst-App hat er bereits im Sinn. „Die könnte man auch zum Jägermeister-Finder umbauen”.